Ovid, Buch I: Metamorphosen 163-208 (Deutsche Übersetzung) – Die Götterversammlung
Lateinischer Text | Übersetzung |
(163) Quae pater ut summa vidit Saturnius arce, ingemit et facto nondum vulgata recenti foeda Lycaoniae referens convivia mensae ingentes animo et dignas Iove concipit iras conciliumque vocat: tenuit mora nulla vocatos. Est via sublimis, caelo manifesta sereno; lactea nomen habet, candore notabilis ipso. hac iter est superis ad magni tecta Tonantis regalemque domum: | (163) Als dies der (Götter-)Vater, der Sohn des Saturn, vom obersten Himmelsgewölbe aus betrachtete, bildete er sich ein Urteil über die grässlichen Gastmahle am Tisch de Lycaon, die noch nicht allgemein bekannt waren. Ungeheurer und eines Jupiters würdiger Zorn ergriff ihn und er berief eine Versammlung ein; kein Zögern hielt die Eingeladenen auf. Hoch oben ist eine Straße, bei heiterem Himmel deutlich zu erkennen; sie trägt den Namen Milchstraße und ist an ihrer Farbe zu erkennen. Sie dient den Überirdischen als Straße zum Haus des Großen Donnerers und zum Königspalast. |
(171) dextra laevaque deorum atria nobilium valvis celebrantur apertis. plebs habitat diversa locis: hac parte potentes caelicolae clarique suos posuere penates; hic locus est, quem, si verbis audacia detur, haud timeam magni dixisse Palatia caeli. | (171) Zur Rechten und zur Linken liegen die Hallen der vornehmen Götter, die offenstehende Doppeltür wird häufig durchschritten. Das Volk wohnt verstreut in Ortschaften: In dieser Gegend haben die mächtigen und berühmten Himmelsbewohner ihre Penaten aufgestellt. Dies ist der Ort, den ich ohne Furcht Palast des erhabenen Himmels genannt haben möchte, würde man der Kühnheit Worte verleihen. |
(177) Ergo ubi marmoreo superi sedere recessu, celsior ipse loco sceptroque innixus eburno terrificam capitis concussit terque quaterque caesariem, cum qua terram, mare, sidera movit. Talibus inde modis ora indignantia solvit: | (177) Sobald die Überirdischen also in ihren marmornen Gemächern Platz genommen hatten, schüttelte Er – Er saß auf einem erhöhten Platz und stütze sich auf sein Szepter aus Elfenbein – drei-oder viermal die Schrecken erregende Mähne, mit welcher er das Land, das Meer und die Sterne bewegte. |
(182) ‘non ego pro mundi regno magis anxius illa tempestate fui, qua centum quisque parabat inicere anguipedum captivo bracchia caelo. nam quamquam ferus hostis erat, tamen illud ab uno corpore et ex una pendebat origine bellum; nunc mihi qua totum Nereus circumsonat orbem, perdendum est mortale genus: per flumina iuro infera sub terras Stygio labentia luco! | (182) Nicht einmal zu der Zeit war ich um das Reich der Welt besorgter, als jeder der Schlangenfüßer hundert Arme nach dem eroberten Himmel ausstrecken wollte. Denn wenn der Feind auch unbändig war, ging jener Krieg doch von nur einer Gruppe und einem Ursprung aus; jetzt muss ich das menschliche Geschlecht mit dem verderben, womit Nereus den ganzen Erdkreis umtost; ich schwöre es bei den Flüssen der Unterwelt, die unter der Erde im Stygischen Hain dahingleiten.
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(190) Cuncta prius temptanda, sed inmedicabile curae ense recidendum, ne pars sincera trahatur. sunt mihi semidei, sunt, rustica numina, nymphae faunique satyrique et monticolae silvani; quos quoniam caeli nondum dignamur honore, quas dedimus, certe terras habitare sinamus. an satis, o superi, tutos fore creditis illos, cum mihi, qui fulmen, qui vos habeoque regoque, struxerit insidias notus feritate Lycaon?’ | (190) Zuvor soll alles versucht werden; aber unheilbar krankes Fleisch muss mit dem Schwert abgeschnitten werden, damit sich der gesunde Teil nicht ansteckt. Halbgötter sind mir (anvertraut), ländliche Schutzgeister, Nymphen, Faune, Satyrn und Waldgeister, die auf den Bergen wohnen: da wir sie schließlich noch nicht des Himmels für würdig halten, müssen wir sie wenigstens in den Gebieten wohnen lassen, die wir ihnen gegeben haben. Oder glaubt ihr, Himmlische, dass jene in Zukunft ausreichend geschützt sind, wo Lycaon, der für seine Grausamkeit bekannt ist, sogar mir, der ich über den Blitz verfüge, euch unter mir habe und die Herrschaft ausübe, eine Falle gestellt hat? |
(199) Confremuere omnes studiisque ardentibus ausum talia deposcunt: sic, cum manus inpia saevit sanguine Caesareo Romanum exstinguere nomen, attonitum tantae subito terrore ruinae humanum genus est totusque perhorruit orbis; nec tibi grata minus pietas, Auguste, tuorum quam fuit illa Iovi. | (199) Alle murrten und forderten mit glühendem Eifer die Bestrafung dessen, der solches gewagt hatte; so war auch das Menschengeschlecht bestürzt, als eine gottlose Horde den römischen Namen mit kaiserlichem Blut auslöschte, der ganze Erdkreis war erschrocken, und die Verehrung der Deinen, Augustus, ist dir nicht weniger angenehm, als jene dem Jupiter gewesen ist. |
(205) qui postquam voce manuque murmura conpressit, tenuere silentia cuncti. substitit ut clamor pressus gravitate regentis, Iuppiter hoc iterum sermone silentia rupit: | (205) Nachdem der mit Wort und Handzeichen dem Gemurmel Einhalt geboten hatte, verharrten alle in Schweigen. Als der Lärm verstummte, unterdrückt durch die Würde des Herrschers, unterbrach Jupiter das Schweigen erneut durch folgende Rede: |
Kapitelübersicht
- Metamorphosen
- Ovid: Metamorphosen 1-4
- Ovid: Metamorphosen 5-20
- Ovid: Metamorphosen 21-42
- Ovid: Metamorphosen 43-68
- Ovid: Metamorphosen 69-88
- Ovid: Metamorphosen 89-112
- Ovid: Metamorphosen 113-124
- Ovid: Metamorphosen 125-126
- Ovid: Metamorphosen 127-150
- Ovid: Metamorphosen 151-162
- Ovid: Metamorphosen 163-208
- Ovid: Metamorphosen 209-239
- Ovid: Metamorphosen 240-252
- Ovid: Metamorphosen 253-312
- Ovid: Metamorphosen 313-415
- Ovid: Metamorphosen 416-433
- Ovid: Metamorphosen 434-451
- Ovid: Metamorphosen 452-567
- Ovid: Metamorphosen 568-688
- Ovid: Metamorphosen 689-712
- Ovid: Metamorphosen 713-750
- Ovid: Metamorphosen 750-779