Ovid, Buch II: Metamorphosen 676-707 (Deutsche Übersetzung) – Battus
Lateinischer Text | Übersetzung |
(676) Flebat opemque tuam frustra Philyreius heros, Delphice, poscebat. nam nec rescindere magni iussa Iovis poteras, nec, si rescindere posses, tunc aderas: Elin Messeniaque arva colebas. illud erat tempus, quo te pastoria pellis texit, onusque fuit baculum silvestre sinistrae, alterius dispar septenis fistula cannis. dumque amor est curae, dum te tua fistula mulcet, incustoditae Pylios memorantur in agros processisse boves: videt has Atlantide Maia natus et arte sua silvis occultat abactas. | (676) Der Halbgott, Sohn der Philyra (Tochter des Okeanos, gebar dem Saturn den Zentauren Chiron) weinte und erflehte vergebens deine Hilfe, delphischer Gott. Weder konntest du die Anordnungen des großen Jupiters aufheben noch warst du damals dabei, selbst wenn du sie hättest aufheben können: du besuchtest Elis und die Gegend von Messene. Es war die Zeit, als dich der Pelzumhang eines Hirten bedeckte und ein Stab aus dem Wald schwer in deiner linken Hand lag, in der anderen die Rohrflöte mit sieben unterschiedlichen Pfeifen; solange du dich um die Liebe kümmertest, solange dich deine Flöte besänftigte, erinnert man sich, daß die Rinder unbewacht in das Gebiet von Pylos vorgedrungen sind. Der Sohn der Atlastochter Maia sieht sie und versteckt sie, nachdem er sie weggetrieben hat, geschickt in den Büschen. |
(687) senserat hoc furtum nemo nisi notus in illo rure senex; Battum vicinia tota vocabat. divitis hic saltus herbosaque pascua Nelei nobiliumque greges custos servabat equarum. hunc tenuit blandaque manu seduxit et illi ‘quisquis es, hospes’ ait, ‘si forte armenta requiret haec aliquis, vidisse nega neu gratia facto nulla rependatur, nitidam cape praemia vaccam!’ et dedit. accepta voces has reddidit hospes: ‘tutus eas! lapis iste prius tua furta loquetur,’ et lapidem ostendit. simulat Iove natus abire; mox redit et versa pariter cum voce figura ‘rustice, vidisti si quas hoc limite’ dixit ‘ire boves, fer opem furtoque silentia deme! | (687) Niemand hatte diesen Diebstahl gemerkt mit Ausnahme eines Alten, der in jener Landgegend bekannt war: Die ganze Nachbarschaft nannte ihn Battus. Der diente als Wächter über die Bergwälder des reichen Neleus (König von Pylos), dessen grasreiche Weiden und die Herden der edlen Stuten. Vor dem scheute er (Apollo) sich und nahm ihn mit sanfter Hand beiseite und sprach zu ihm: Wer du auch bist, Freund, wenn jemand zufällig nach diesem Vieh fragen sollte, leugne, etwas gesehen zu haben; und damit deine Tat nicht unvergolten bleibt, nimm als Belohnung diese fette Kuh – und er gab sie ihm. Nachdem er sie angenommen hatte, erwiderte er mit diesen Worten: Sei unbesorgt. Eher redet dieser Stein über den Diebstahl. Und er zeigt ihm einen Stein. Der Jupitersohn tut, als ginge er weg, kehrt aber bald zurück. Mit verstellter Stimme und in verwandelter Gestalt sprach er: Bauer, wenn du irgendwelche Rinder diesen Weg hast entlanglaufen sehen, dann hilf mit und nimm dem Diebstahl den Mantel des Schweigens weg. |
(701) iuncta suo pretium dabitur tibi femina tauro.’ at senior, postquam est merces geminata, ‘sub illis montibus’ inquit ‘erunt,’ et erant sub montibus illis. risit Atlantiades et ‘me mihi, perfide, prodis? me mihi prodis?’ ait periuraque pectora vertit in durum silicem, qui nunc quoque dicitur index, inque nihil merito vetus est infamia saxo. | (701) Dir wird eine Kuh gegeben zusammen mit ihrem Stier. Der Alte aber sprach, nachdem sich der Lohn verdoppelt hatte: Am Fuß der Berge dort werden sie sein. Und sie waren (tatsächlich) am Fuß jener Berge. Da lachte der Sohn der Atlastocher: Ausgerechnet mir, Treuloser, verrätst du mich? Mir verrätst du mich? Sprach’s und verwandelte das verräterische Herz in einen harten Stein, der auch heute noch Anzeiger genannt wird (auf welchen Stein Ovid anspielt, ist nicht bekannt) und steht seit alter Zeit in Verruf, wofür der Stein nichts kann. |
Kapitelübersicht
- Metamorphosen II
- Ovid: Metamorphosen II: 1-149
- Ovid: Metamorphosen II: 150-300
- Ovid: Metamorphosen II: 301-400
- Ovid: Metamorphosen II: 401-532
- Ovid: Metamorphosen II: 533-549
- Ovid: Metamorphosen II: 550-595
- Ovid: Metamorphosen II: 596-632
- Ovid: Metamorphosen II: 633-675
- Ovid: Metamorphosen II: 676-707
- Ovid: Metamorphosen II: 708-832
- Ovid: Metamorphosen II: 833-875